Räume serieller Dystopien

Expandierende Albträume im Post-TV

Franz Kröber

Bielefeld 2023: transcript
Rezensent/-in: Lothar Mikos

Buchbesprechung

 

Printausgabe mediendiskurs: 28. Jg., 2/2024 (Ausgabe 108), S. 88

Vollständiger Beitrag als:

Dystopische Räume in Fernsehserien

Der Literaturwissenschaftler Franz Kröber befasst sich in seiner Dissertation mit der Gestaltung von Räumen in dystopischen Fernsehserien. Unter Dystopien versteht er in einem weiten Sinn „alle Entwürfe schlechterer Welten im Vergleich mit der außertextuellen Gegenwart in verschiedenen Medien und Erzählformen“ (S. 127). Wichtig sind ihm allerdings vor allem kritische Dystopien, die auf die Möglichkeit einer Veränderung der Gesellschaft hinauslaufen. Im Zentrum seiner Analyse stehen die fünf Serien Alpha 0.7 – Der Feind in Dir (ARD, 2010–2011), Wayward Pines (FOX, 2015–2016), The Man in the High Castle (Amazon Prime Video, 2015–2019), Trepalium (Arte France, 2016) und 3 % (Netflix, 2016–2020). Kröber stellt fest, dass die Serien zwar häufig Angaben zum Handlungsort enthalten, diese aber durch filmästhetische Mittel unübersichtlich gehalten werden: „Die Pilotepisoden der dystopischen Serien des Post-TV beginnen überwiegend mit Strategien der Desorientierung“ (S. 161, H. i. O.). Die handelnden Figuren bewegen sich durch die fiktionalen, ästhetisch gestalteten Räume und überschreiten dabei immer wieder Grenzen. Dabei spielt das Unbekannte eine wichtige Rolle: „Die Mehrzahl der hier untersuchten seriellen Dystopien zeigt eine Tendenz zur Entdeckung unbekannter Räumlichkeiten im Rhythmus jeweils neuer Staffeln und Episoden“ (S. 347). Die Figuren in den Erzählungen sind sehr mobil, sodass auch die Zuschauenden die Räume der dystopischen Welten erkunden können.

Das Buch bietet detailreiche Einblicke in die filmische Gestaltung von Räumen und deren Bedeutungspotenzial in dystopischen Serien, ist aber in erster Linie für Film- und Literaturwissenschaftler*innen interessant.

Prof. i. R. Dr. Lothar Mikos