Streit um die Erhöhung der Rundfunkgebühr

Bundesländer können die Vorschläge der KEF nur einstimmig ablehnen

Der aktuelle Rundfunkbeitrag von 18,36 Euro ist in der Bevölkerung sehr unbeliebt – nun ist eine Erhöhung im Gespräch. Nach der Spruchpraxis des Bundesverfassungsgerichts ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk eine Grundvoraussetzung für das Funktionieren unserer Demokratie. Deshalb wurde die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) geschaffen, die auf einer sachkundigen, politisch aber weitgehend neutralen Ebene in regelmäßigen Abständen ermittelt, wie sich der Finanzbedarf des öffentlich-rechtlichen Rundfunks entwickelt und welche Erhöhungen angemessen und notwendig sind.

Online seit 11.12.2023: https://mediendiskurs.online/beitrag/streit-um-die-erhoehung-der-rundfunkgebuehr-beitrag-1122/

 

 

Bei der letzten Anpassung der Rundfunkgebühr hat das Land Sachsen-Anhalt seine Zustimmung verweigert. Damit konnte die Gebührenerhöhung zunächst nicht zum 1. Januar 2021 in Kraft treten, denn diese setzt eine Einstimmigkeit der Länder voraus. ARD und ZDF klagten dagegen. Das Bundesverfassungsgericht gab ihnen recht.
 

Leichte Erhöhung ab 2025

Nun ist es bald wieder so weit. Zwar hat die KEF noch kein offizielles Votum veröffentlicht, allerdings wurde vor Kurzem ein Entwurf bekannt, wonach sie eine Erhöhung des gegenwärtigen Rundfunkbeitrags ab 2025 um 0,58 auf 18,94 Euro vorschlagen will (vgl. Niemeier 2023). Allerdings signalisieren mehrere Staatskanzleien schon länger eine Ablehnung jedweder Erhöhung der Gebühren. Im April 2023 hat eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) ergeben, dass sich sechs von 16 Staatskanzleien gegen eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags aussprechen: Dazu gehörten Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen, Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen. Auch Berlin hat inzwischen angekündigt, gegen eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags zu stimmen (vgl. ebd.).
 

Erhöhung politisch schwer begründbar

NRW-Medienminister Liminski will, dass der Beitrag stabil bleibt, denn ein pflichtfinanziertes System stünde angesichts des inzwischen sehr vielfältigen Medienangebots unter zunehmendem Rechtfertigungsdruck.

Deshalb muss vor allem das Angebot im Programm überzeugen, aber auch die Bemühungen um mehr Kosteneffizienz der Strukturen müssen erkennbar sein“ (RND/epd 2023).

Auch Niedersachsen lehnt eine Erhöhung zu Beginn der Beitragsperiode 2025–2028 ab (vgl. ebd.). Stattdessen wird von den Sendern gefordert, ihre Sparpotenziale auszuschöpfen.

ARD, ZDF und Deutschlandradio gingen Ende April von Teuerungsraten zwischen 2,16 und 2,71 % aus. Dennoch wird befürchtet, so Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), dass derzeit „keine Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern in Brandenburg für eine Beitragserhöhung“ (ebd.) vorhanden sei. Die Rundfunkanstalten sollten erst einmal selbst einen sichtbaren Beitrag zur Konsolidierung leisten. Ähnlich sehen es auch die Landesregierungen in Bayern und Mecklenburg-Vorpommern (vgl. ebd). Andere Bundesländer wie das Saarland sind von einer Erhöhung der Rundfunkgebühren zwar nicht begeistert und fordern ARD und ZDF zum Sparen auf, lehnen aber mit Verweis auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts eine klare Positionierung ab. Die Karlsruher Richter hatten erklärt, dass die Länder nur in besonders begründeten Fällen von den Vorschlägen der KEF abweichen dürften.
 

Länder geben sich auf Nachfrage zurückhaltend

Sollten die Länder also tatsächlich von den Vorschlägen der KEF abweichen, müssen sie mit einer neuen Klage der Sender beim Bundesverfassungsgericht rechnen. Dieses Szenario nahm der Mediendienst DWDL zum Anlass, bei den Staatskanzleien der zunächst sechs widerwilligen Länder nachzufragen: „Wir wollten wissen: Worin sehen Sie eine mögliche Ausnahmesituation, die laut Bundesverfassungsgericht vorliegen muss, um eine Erhöhung trotz KEF-Empfehlung abzulehnen? Und herrscht Einigkeit dazu unter den Ländern? Auch das ist eine Voraussetzung. Begehen Sie einen kalkulierten Verfassungsbruch, sollten Sie einer Erhöhung nicht zustimmen, wenn die KEF eine solche empfohlen hat? Und welche Fehler hat eigentlich die Medienpolitik in Bezug auf den gesamten Prozess der Beitragsfestsetzung gemacht?“ (Niemeier 2023)

Eine substanzielle Antwort gab es darauf bisher nicht: „Sich nicht zu äußern und auf laufende Prozesse zu verweisen, ist ein bekanntes Mittel, um sich erst einmal aus der Verantwortung zu stehlen. In seltenen Fällen macht das Sinn, hier zeigt es lediglich, wie sehr sich die Politik von staatsvertraglich festgelegten Verfahren entfernt hat. Es ist richtig, dass das KEF-Verfahren noch läuft und neben den Ländern auch noch die Sender selbst angehört werden. Aber es waren doch eben die Politiker, die sich schon vor Monaten in der Sache äußerten und keinen Raum für Interpretationen ließen.“ (Ebd.)
 

Rechtsprechung des Verfassungsgerichts eindeutig

Würden die Länder tatsächlich eine von der KEF vorgeschlagene Erhöhung der Rundfunkbeiträge ablehnen, hätten sie ein Problem mit dem Bundesverfassungsgericht, so Prof. Dr. Erika Bock-Rosenthal, Vorsitzende des Initiativkreises öffentlich-rechtlicher Rundfunk: „Die Länder dürfen nach der Verfassung vom Votum der KEF nur in begründeten Ausnahmen abweichen. Diese Begründung muss zudem von allen Ländern einvernehmlich getragen werden. Es reicht nicht, wenn nur ein Teil der Länder eine Abweichung vom KEF-Vorschlag vornehmen will. Damit soll eine politische Einflussnahme auf das Programm über die Finanzierung verhindert werden. Eine generelle Ablehnung – wie im Vorfeld der KEF-Prüfung geäußert – ist insofern mit der Verfassungsrechtsprechung nicht zu vereinbaren.“ (Bock-Rosenthal 2023)
 

Gniffke kämpft für moderate Erhöhung

Kai Gniffke, derzeit Vorsitzender der ARD und Intendant des Südwestdeutschen Rundfunks, erklärte während der Digitalkonferenz re:publika, er wolle sich für eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags starkmachen. Ein Stellenabbau drohe. Es sei unverantwortlich, einfach mal 1 000 Leute rauszuschmeißen, so Gniffke (vgl. Süddeutsche Zeitung/dpa 2023). „Die ARD hält für ihre Finanzierung von 2025 an bei Personal und Programm jährlich zwischen 2,16 und 2,7 Prozent mehr für notwendig. Das ZDF will von 2025 an jährlich 2,16 Prozent mehr für das Programm und 2,7 Prozent mehr für Personal ausgeben. Das teilten die Sender am Freitag mit. Beide Sender erklärten, man liege damit deutlich unter der aktuell hohen Inflationsrate, die reale Teuerung werde man durch Einsparungen ausgleichen. Das Deutschlandradio meldet 2,5 Prozent pro Jahr mehr für Programm und 2,7 Prozent mehr für Personal an.“ (Tieschky 2023)
 

Sparbemühungen bei der ARD

Allerdings scheint der Spardruck sich bei den Sendern inzwischen bemerkbar zu machen. Die ARD will hauptsächlich bei den dritten Programmen sparen, die vor allem von älteren Zielgruppen genutzt werden: Nur vier Millionen Zuschauer sind unter 50 Jahren. Programmstrecken sollen zusammengelegt, vieles soll ins Internet verlegt werden. „Insgesamt will die ARD in der nächsten Gebührenperiode von 2025 bis 2028 einen Betrag von 250 Millionen Euro ‚umschichten‘. SWR-Intendant Kai Gniffke, der auch ARD-Vorsitzender ist, sagte, die ARD werde sich den Betrag ‚aus den Rippen schwitzen‘. Damit meint Gniffke, dass die ARD für die zusätzlichen Investitionen in neue digitale Formate keinen höheren Finanzbedarf angemeldet habe. Trotzdem gilt es als wahrscheinlich, dass sich der Rundfunkbeitrag ab 2025 um 58 Cent pro Monat und Haushalt erhöhen wird.“ (Meier 2023)

46 Mio. Gebührenzahler schaffen derzeit Einnahmen von etwa 8,5 Mrd. Euro pro Jahr. Davon gehen 160 Mio. Euro an die Landesmedienanstalten, die für die Aufsicht über den privaten Rundfunk und das Internet zuständig sind (vgl. Dieter Dörr in Wagner 2023). Zwischen der ARD, dem ZDF, dem Deutschlandradio und ARTE wird der Beitrag von der KEF genau nach angemeldetem und überprüftem Bedarf verteilt. Wie allerdings die Mittel unter den ARD-Sendern aufgeteilt werden, hängt von der Anzahl der Beitragspflichtigen ab, die im jeweiligen Bundesland wohnen. (Vgl. ebd.)

Quellen:

Bock-Rosenthal, E.: Wo bleibt die Rechtsstaatlichkeit in der Gebührendiskussion? In: medienpolitik.net, 27.11.2023. Abrufbar unter: www.medienpolitik.net (letzter Zugriff: 06.11.2023)

Meier, C.: Generationengerechtigkeit. ARD will am Programm für alte Zuschauer sparen. In: WELT, 05.12.2023. Abrufbar unter: www.welt.de (letzter Zugriff: 06.11.2023)

Niemeier, T.: Debatte um Rundfunkbeitrag. Kritische Fragen, die die Medienpolitik nicht beantworten will. In: DWDL.de, 29.11.2023. Abrufbar unter: www.dwdl.de (letzter Zugriff: 06.11.2023)

RND/epd: Nach Schlesinger-Affäre. Rundfunkbeiträge: Sechs Bundesländer wollen nicht erhöhen. In: RND.de, 24.06.2023. Abrufbar unter: www.rnd.de (letzter Zugriff: 06.11.2023)

Süddeutsche Zeitung / dpa: Öffentlich-Rechtliche: ARD-Chef will „für eine Beitragserhöhung kämpfen“. In: SZ.de, 06.06.2023. Abrufbar unter: www.sueddeutsche.de (letzter Zugriff: 06.11.2023)

Tieschky, C.: Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk. ARD und ZDF melden höheren Bedarf an. In: SZ.de, 28.04.2023. Abrufbar unter: www.sueddeutsche.de (letzter Zugriff: 06.11.2023)

Wagner, J.: 100 Jahre Rundfunkfinanzierung. 10 Jahre #Rundfunkbeitrag. In: Medienmagazin, radioeins, 16.01.2023. Abrufbar unter: www.radioeins.de (letzter Zugriff: 06.11.2023)