Kooperation im Kinderschutz

Handbuch für eine systemische Praxis

Birgit Averbeck, Filip Caby, Björn Enno Hermans, Ansgar Röhrbein (Hrsg.)

Göttingen 2023: Vandenhoeck & Ruprecht
Rezensent/-in: Lothar Mikos

Buchbesprechung

Printausgabe mediendiskurs: 27. Jg., 4/2023 (Ausgabe 106), S. 79-79

Vollständiger Beitrag als:

Kooperation im Kinderschutz

Den Herausgeber:innen des Buches geht es darum, deutlich zu machen, dass Kinderschutz ein kooperatives Unterfangen ist, denn Kooperation wird als Mehrwert gesehen. Ferner ist es ihnen bei ihrem systemischen Ansatz wichtig, einfache Kausallösungen zu vermeiden. Das Leben von Kindern ist komplex. Daher müsse man Komplexität aushalten und mit ihr umgehen (vgl. S. 10 f.). Das Handbuch wird diesem Anspruch weitgehend gerecht. Kinderschutz muss dann handeln, wenn es um Kindeswohlgefährdung geht. Diese kann verschiedene Formen haben: von der körperlichen, psychisch-emotionalen Misshandlung und sexuellen Gewalt bis hin zu Vernachlässigungen (S. 24). Von Kindeswohlgefährdung ist allerdings nur eine Minderheit der Kinder und Jugendlichen betroffen. Auch wenn verschiedene Statistiken verfügbar sind, weist die statistische Aufbereitung von Daten in Deutschland doch Mängel auf. So wird erst seit 2012 erfasst, wie häufig Jugendämter eine Kindeswohlgefährdung registrieren (vgl. S. 27). Eine bundeseinheitliche Statistik zum Kinderschutz existiert bisher nicht. Birgit Averbeck und Ansgar Röhrbein fordern daher: „Die Daten sollten nicht zur Skandalisierung, sondern zur Ableitung von empirisch getragenen Strategien zur Verbesserung des Kinderschutzes und zur Entwicklung von bedarfsgerechten Hilfen für Familien in schwierigen Lebenssituationen genutzt werden“ (S. 31).

Die weiteren Beiträge sind sieben Sektionen zugeordnet: 1) „Thematische Grundlagen“, 2) „Fokus Gesundheitswesen“, 3) „Fokus Sozialraum, Quartier, Kiez“, 4) „Fokus Hilfen zur Erziehung“, 5) „Fokus Recht und Gericht“, 6) „Besondere Orte und Aufgaben“, 7) „Methodische Beispiele im Netzwerk Kinderschutz“. Ein „Überblick über Gesetzesnormen im Kontext von Kinderschutz“ rundet den Band ab (S. 451 ff.). Zwei Beiträge widmen sich dem Kinder- und Jugendschutz in digitalen Lebenswelten. Joachim Wenzel und Stephanie Jaschke plädieren in diesem Kontext dafür, nicht nur einzelne Gefahren herauszugreifen, „sondern vielmehr die lebensweltlichen Zusammenhänge zu sehen und neben den Gefahren und Risiken auch die Ressourcen und Chancen […] in den Blick zu nehmen“ (S. 86). Der Beitrag geht auch auf den rechtlichen Rahmen und die Institutionen des Jugendmedienschutzes ein. In einem weiteren Beitrag zählen die beiden Autor:innen insgesamt 31 neue Gefahren im digitalen Raum auf (vgl. S. 375 ff.). Diesen Gefahren lässt sich nur durch das Zusammenwirken verschiedener Institutionen begegnen. Hier wird dann wieder mehr als deutlich, dass Kooperation im Kinder- und Jugendschutz das Gebot der Stunde ist. Ergänzt wird der Band durch Onlinematerial, das auf der Website des Verlags zur Verfügung steht. Das Handbuch bietet einen hervorragenden aktuellen Überblick über die Rahmenbedingungen des Kinder- und Jugendschutzes in Deutschland.

Prof. i. R. Dr. Lothar Mikos