European Media Freedom Act zur Stärkung der Medienfreiheit in Europa

Stephan Ory, Sven Braun

Der European Media Freedom Act (EMFA) soll in der Europäischen Union (EU) die Medienfreiheit stärken. Sie gehört zu jenen Werten, auf die sich die EU gründet. Mit der Förderung grenzüberschreitender Tätigkeiten und Investitionen, einer gerechten Verteilung wirtschaftlicher Ressourcen durch Transparenz staatlicher Werbeausgaben, der Stärkung der redaktionellen Freiheit vor politischer Einflussnahme und der Verbesserung der regulatorischen Zusammenarbeit in Europa sollen Medienfreiheit und Medienpluralismus stark gemacht werden.

Printausgabe mediendiskurs: 28. Jg., 2/2024 (Ausgabe 108), S. 82-87

Vollständiger Beitrag als:

Sicherung der Medienfreiheit in Europa

Besorgniserregende Entwicklungen überschatten den Mediensektor in Europa. Die Europäische Kommission treibt ein Rechtsstaatsverfahren gegen Ungarn voran, das u. a. die fehlende Meinungspluralität in den Medien zum Gegenstand hat. Zudem sind Eigentumsverhältnisse von Medienhäusern in manchen politischen Konstellationen bisweilen intransparent. Vor diesem Hintergrund stellte die Europäische Kommission im Herbst 2022 einen Entwurf für einen European Media Freedom Act (EMFA) zur Sicherung der Medienfreiheit in den Mitgliedstaaten vor. Die Verordnung, die in all ihren Teilen verbindlich sein und in jedem Mitgliedstaat unmittelbar gelten soll, wurde im März 2024 vom Europäischen Parlament angenommen und soll nun in Kürze vom Europäischen Rat förmlich bestätigt werden.

Eine zentrale Erwägung des EMFA findet sich gleich zu Beginn der Verordnung:

Die Union sollte den Mediensektor dabei unterstützen, […] die gemeinsamen Werte der Union und der Mitgliedstaaten wie die Grundrechte zu schützen.“

Die gemeinsamen europäischen Werte umfassen die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte. „Die Medien spielen eine entscheidende Rolle bei der öffentlichen Meinungsbildung und unterstützen die Bürger bei ihrer Mitwirkung an demokratischen Prozessen“, heißt es an anderer Stelle. Auf europäischer Ebene geht es um die demokratische Legitimation des Parlaments, weshalb die Durchsetzung der gemeinsamen Werte in allen Mitgliedstaaten erforderlich ist. Im Bereich der Medien will das der EMFA erreichen. Eine derartige Ausgestaltung der europäischen Medienlandschaft aus rechtsstaatlicher Perspektive ist grundlegend neu.

Die Europäische Kommission stützt sich für den EMFA auf die Binnenmarktkompetenz aus Art. 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Die weitreichende Reform des „Binnenmarkts für Mediendienste“ adressiert vier Kernbereiche. Erstens sollen grenzüberschreitende Tätigkeiten und Investitionen in Medien gefördert werden, indem nationale Regelungen zum Medienpluralismus harmonisiert werden. Zweitens soll durch eine transparente und faire Publikumsmessung sowie durch die Nachvollziehbarkeit staatlicher Werbeausgaben eine schlüssige und gerechte Verteilung wirtschaftlicher Ressourcen erwirkt werden. Drittens sollen hochwertige Mediendienste leichter bereitgestellt werden können, indem die redaktionelle Freiheit – insbesondere durch Schutz vor politischer Einflussnahme – gestärkt wird. Viertens soll die Zusammenarbeit von Regulierungsbehörden auf EU-Ebene intensiviert werden, etwa durch grenzüberschreitende Koordinierung und gemeinsame Leitlinien.

Wurde die Wahl der Binnenmarktkompetenz zur Förderung der Medienvielfalt zunächst in den Mitgliedstaaten scharf kritisiert, weil einerseits nur ein kleiner Teil der Regelungen tatsächlich auf die Binnenmarktregulierung abziele und andererseits die Gefahr bestehe, dass mitgliedstaatliche Kompetenzbereiche weiter bei der EU konzentriert würden, so wurde diese Kritik im politischen Prozess zugunsten der Stärkung der Medienfreiheit und des Medienpluralismus in Europa jedoch praktisch aufgegeben. Es bleibt abzuwarten, wie die Rechtspraxis im Konfliktfall mit dieser extrem weiten Auslegung der Binnenmarktkompetenz, die damit zu einer Art Kompetenz-Kompetenz wird, umgehen wird.

Der EMFA ist nicht die erste Maßnahme der Kommission im Medienbereich, um Freiheit und Pluralität der Medien zu schützen, wohl aber die erste direkt wirkende Verordnung auf diesem Gebiet. Weitere nennenswerte Vorhaben sind die Überarbeitung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-Richtlinie), die durch Neuregelungen die Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörden stärken wollte. Die überarbeitete Urheberrechtsrichtlinie aus dem Jahr 2019 verfolgte u. a. das Ziel, dass Presseveröffentlichungen einen höheren Schutz genießen, um so die Finanzierung und publizistische Leistungsfähigkeit und damit die Verfügbarkeit verlässlicher Medien abzusichern. Zudem veröffentlichte die Kommission im Jahr 2021 eine Empfehlung zum Schutz, zur Sicherheit und zur Handlungskompetenz von Journalisten. Zuletzt wurde im Februar 2024 vom Europäischen Parlament eine Richtlinie zum Schutz von Journalisten und Rechteverteidigern vor SLAPP-Klagen, die der Einschüchterung von Journalisten dienen, angenommen, die bis 2026 in den Mitgliedstaaten umgesetzt werden muss.
 

 

EMFA im Detail

Mit dem EMFA werden gemeinsame europäische Grundregeln zur Sicherung des Medienpluralismus und der redaktionellen Unabhängigkeit festgelegt. Mitgliedstaaten steht es frei, darüber hinausgehende strengere Regeln zu erlassen. Der EMFA selbst beinhaltet sehr unterschiedliche Arten von Regelungen. Zum Teil haben Normen ein hohes Abstraktionsniveau, wie etwa die Rechte der Empfänger von Mediendiensten (Art. 3), dann wiederum wird es sehr konkret, etwa wenn es um den Einsatz von Software zum Ausspähen von Journalisten geht (Art. 4 Abs. 3).
 

Anwendungsbereich

Der EMFA legt gemeinsame Vorschriften für das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes für Mediendienste fest (Art. 1 Abs. 1). Dabei ist ein „Mediendienst“ als eine Dienstleistung zu verstehen, deren Hauptzweck oder ein trennbarer Teil darin besteht, unter der redaktionellen Verantwortung eines Anbieters der Allgemeinheit – gleich auf welche Weise – Sendungen zur Information, Unterhaltung oder Bildung bereitzustellen. Dies betrifft insbesondere Fernseh- oder Hörfunksendungen, audiovisuelle Mediendienste auf Abruf, Audio-Podcasts oder Presseveröffentlichungen. Das geht über die audiovisuellen Angebote der AVMD-Richtlinie deutlich hinaus und meint alle Anwendungsbereiche der in der Öffentlichkeit tätigen Medien. Außerhalb liegen lediglich Angebote wie Unternehmenskommunikation, private Nachrichten oder User Generated Content auf Plattformen.

In Kapitel III des EMFA zu „Anforderungen an gut funktionierende Medienmarktmaßnahmen und ‑verfahren“ werden in der Verordnung Vorgaben für nationale Maßnahmen normiert (Art. 21). Sie müssen begründet und verhältnismäßig sein. Neben dem allgemeinen Rechtsweg ist darüber hinaus ein Rechtsbehelf betroffener Medienunternehmen vorgesehen, die Beschwerde gegenüber einer Beschwerdestelle erheben können. Außerdem kann auch das im EMFA neu eingerichtete European Board for Media Services auf europäischer Ebene zur Stellungnahme angerufen werden.
 

Schutz vor Eingriffen in redaktionelle Entscheidungen der Medien

Mit dem EMFA soll die Freiheit und Unabhängigkeit von Mediendiensten und Journalisten gesichert werden. Hierzu ist zunächst in Art. 4 Abs. 2 ein Einmischungsverbot vorgesehen. Demnach ist es den Mitgliedstaaten verboten, sich in die grundlegende Ausrichtung und redaktionelle Einzelentscheidungen der Mediendiensteanbieter einzumischen oder zu versuchen, sie in irgendeiner Weise direkt oder indirekt zu beeinflussen.

Wie bereits durch das deutsche Zeugnisverweigerungsrecht abgesichert, dürfen Mediendiensteanbieter, ihre Familienangehörigen, ihre Beschäftigten oder deren Familienangehörigen grundsätzlich nicht festgehalten, mit Sanktionen belegt, abgehört, einer Überwachung oder Durchsuchung und Beschlagnahme unterzogen oder kontrolliert werden, weil sie sich weigern, Informationen über ihre Quellen preiszugeben (Art. 4 Abs. 3 lit. b). Mitgliedstaaten können hiervon gesetzlich Ausnahmen für begründete Einzelfälle regeln, die einen Richtervorbehalt vorsehen müssen (Art. 4 Abs. 4).
 

Schutz vor Einsatz von Spähsoftware gegen Journalisten

Explizit ist ein Verbot des Einsatzes von Spähsoftware gegenüber Journalisten sowie deren Angehörigen vorgesehen (Art. 4 Abs. 3 lit. c). Ausnahmen sind nur für die Ermittlungen bei schweren Straftaten angedacht, für die ebenfalls eine gesetzliche Ausnahmeregel geschaffen werden muss. In jedem Einzelfall ist regelmäßig durch ein Gericht zu prüfen, ob der Einsatz von Spähsoftware noch erforderlich und gerechtfertigt ist (Art. 4 Abs. 5). Betroffenen wird ein gerichtlicher Rechtsschutz gewährt. Zudem sollen Betroffene bei der Ausübung ihrer Rechte Unterstützung von einer fachlich kompetenten und unabhängigen staatlichen Stelle oder Einrichtung der Selbstregulierung einfordern können (Art. 4 Abs. 8). Eine vergleichbare Schutzregelung für Journalisten fehlt gegenwärtig im deutschen Recht.
 

Transparenzpflichten zu Eigentumsverhältnissen von Mediendiensten

Art. 6 Abs. 1 lit. b sieht vor, dass Medien, die Nachrichten und aktuelle Inhalte bereitstellen, den Namen ihres direkten oder indirekten Eigentümers mit einer Beteiligung, die es ihnen ermöglicht, Einfluss auf den Betrieb und die strategischen Entscheidungen zu nehmen, veröffentlichen müssen. Dazu sind analog zur deutschen Impressumspflicht auch Kontaktangaben bereitzustellen.
 

Transparenzpflichten hinsichtlich der Publikums- und Quotenmessung

Großen Raum innerhalb der Verordnung nehmen die Transparenzpflichten hinsichtlich der Publikums- und Quotenmessung ein. So sieht Art. 24 vor, dass Systeme und Methoden der Publikumsmessung den Grundsätzen der Transparenz, Unparteilichkeit, Inklusivität, Verhältnismäßigkeit, Nichtdiskriminierung, Vergleichbarkeit und Überprüfbarkeit entsprechen müssen.

Dabei werden auch die Anbieter der Marktforschung zur Quotenerhebung in die Pflicht genommen. Diese müssen in Zukunft den Mediendiensteanbietern, Werbetreibenden sowie beauftragten Dritten unverzüglich und kostenlos genaue, ausführliche, umfassende, verständliche und aktuelle Informationen über die zur Messung der Einschaltquoten verwendete Methodik zur Verfügung stellen. Betreiber proprietärer Publikumsmesssysteme müssen zudem ihre Messmethode und deren Anwendung einmal jährlich auditieren lassen (Art. 24 Abs. 2). Darüber hinaus soll vonseiten der Regulierungsbehörden die Entwicklung entsprechender unabhängiger Verhaltenskodizes gefördert werden (Art. 24 Abs. 3).
 

Regelungen zur Zuweisung staatlicher Werbemittel

Besondere Regelungen mit Blick auf die Zuweisung staatlicher Werbemittel werden in Art. 25 getroffen. Diese sollen demnach nur noch aufgrund vorab zu veröffentlichender transparenter, objektiver, verhältnismäßiger und nicht diskriminierender Kriterien und in offenen, verhältnismäßigen und nicht diskriminierenden Verfahren vergeben werden dürfen.

Staatliche Werbemittel sollen auf eine Vielzahl von auf dem Markt vertretenen Mediendiensteanbietern und Onlineplattformen verteilt werden. Ebenso ist über die Vergabe von Werbemitteln öffentlich zu berichten, was ausdrücklich die Namen der Mediendiensteanbieter bzw. Onlineplattformen einschließt (Art. 25 Abs. 2).

Die Einhaltung der Vorschriften ist von den nationalen Regulierungsbehörden zu überwachen (Art. 25 Abs. 3). Aktuell gelten in Deutschland für staatliche Werbeaufträge insbesondere die allgemeinen Beihilfevorschriften.
 

European Board for Media Services

Der EMFA sieht in Art. 8 die Schaffung eines European Board for Media Services („Board“) vor. Dieses soll die Europäische Regulierungsgruppe für audiovisuelle Mediendienste (ERGA) ersetzen (Art. 8 Abs. 2), jedoch erweiterte Zuständigkeiten über die audiovisuellen Medien hinaus erhalten. Besonders herausgestellt wurde die Unabhängigkeit des Gremiums (Art. 9).

Aufgabe des Boards ist nach Art. 13 insbesondere die Vertiefung der Zusammenarbeit der nationalen Medienbehörden. Vorgesehen ist u. a. die Förderung des wirksamen Austauschs von Informationen, Erfahrungen und bewährten Verfahren zwischen den nationalen Regulierungsbehörden. Nicht zuletzt soll das Board auch einen strukturierten Dialog zwischen Anbietern sehr großer Onlineplattformen, Vertretern von Mediendiensteanbietern und der Zivilgesellschaft organisieren. Befasst sich das Board mit Fragen über den Sektor audiovisueller Medien hinaus, so sollen Vertreter der betroffenen Sektoren konsultiert werden.

Darüber hinaus erhalten nationale Regulierungsbehörden die Möglichkeit, jederzeit eine oder mehrere nationale Regulierungsbehörden um Zusammenarbeit oder Amtshilfe ersuchen zu können. Zudem wird im Falle nationaler Sicherheitsinteressen auch ein beschleunigtes Verfahren eingeführt (Art. 14 Abs. 6).

Das Gremium setzt sich zusammen aus je einem Vertreter der nationalen Regulierungsbehörden (Art. 10 Abs. 1 und Abs. 3). Die Kommission entsendet einen nicht stimmberechtigten Vertreter in das Board.
 

Bewertung von Marktkonzentrationen

In Art. 22 werden Anforderungen für die Bewertung von Marktkonzentrationen durch Regulierungsbehörden geregelt. Eine solche Bewertung soll sich auf den Medienpluralismus und die redaktionelle Freiheit konzentrieren und deshalb unabhängig von kartellrechtlichen Prüfungen durchgeführt werden. Entsprechende Verfahrensvorschriften müssen transparent, objektiv, verhältnismäßig und nicht diskriminierend ausgestaltet sein. Meinungsrelevante Zusammenschlüsse sind von Marktteilnehmern rechtzeitig bei ihren nationalen Regulierungsbehörden anzumelden. Bereits im Voraus haben Behörden die erwartete Verfahrensdauer und Kriterien für die Meldung von Marktkonzentrationen, die erhebliche Auswirkungen auf den Medienpluralismus und die redaktionelle Unabhängigkeit haben könnten, festzulegen. Die Europäische Kommission soll hierfür gemeinsam mit dem Board Leitlinien herausgeben. Auch ohne vorherige Anmeldung einer Marktkonzentration sollen Kommission und Board nach Art. 23 Bewertungen der Marktkonzentration vornehmen können. Es findet sich noch kein vergleichbares Verfahren im deutschen Recht.
 

Regelung zu öffentlich-rechtlichen Medien

Im EMFA sind Garantien für das unabhängige Funktionieren der öffentlich-rechtlichen Medienanbieter vorgesehen. Dabei wird in Art. 5 Abs. 1 zunächst der Auftrag öffentlich-rechtlicher Medien dahin gehend definiert, dass diese ihrem Publikum in Übereinstimmung mit ihrem öffentlich-rechtlichen Auftrag unparteiisch eine Vielzahl von Informationen und Meinungen zur Verfügung stellen. Die Leitungspersonen öffentlich-rechtlicher Sender sind nach Art. 5 Abs. 2 in einem transparenten, offenen, wirksamen und nicht diskriminierenden Verfahren auf der Grundlage transparenter, objektiver, nicht diskriminierender und verhältnismäßiger Kriterien zu ernennen. Die Amtsdauer muss ausreichend bemessen sein, um effektive Unabhängigkeit zu gewährleisten. Vorzeitige Entlassungen sollen nur in Ausnahmefällen möglich sein.

Die Mitgliedstaaten sollen sicherstellen, dass Verfahren zur Finanzierung öffentlich-rechtlicher Medienanbieter auf transparenten und objektiven Kriterien beruhen. So sollen öffentlich-rechtliche Medienanbieter über angemessene, nachhaltige und vorhersehbare Finanzmittel verfügen, die der Erfüllung ihres öffentlich-rechtlichen Auftrags und ihrer Fähigkeit, sich darin zu entwickeln, entsprechen. Die Mittel müssen so beschaffen sein, dass die redaktionelle Unabhängigkeit gewahrt bleibt. Insofern reiht sich der europäische Gesetzgeber in die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein, das für den deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunk entsprechende Finanzierungsansprüche vorsieht.
 

Onlineplattformen

Der EMFA regelt das Verhältnis von Anbietern journalistischer Medien gegenüber Plattformen, die sich als Gatekeeper zwischen Medien und Nutzer schieben. Nach Art. 18 müssen es „sehr große Onlineplattformen“ (VLOPs) – der EMFA verweist hier auf den Digital Services Act – Mediendiensteanbietern ermöglichen, ihre Verpflichtungen aus dem EMFA zu erfüllen. Diese müssen ihre redaktionelle Unabhängigkeit von Mitgliedstaaten und Drittländern ebenso dartun wie die Erfüllung von Vorgaben der Regulierungsbehörden, gegebenenfalls im Rahmen eines Selbstregulierungsmechanismus wie in Deutschland beispielsweise des Presserats. Hierzu zählt auch die Erklärung darüber, dass Medieninhalte, die mithilfe von künstlicher Intelligenz erzeugt wurden, einer menschlichen Prüfung oder redaktionellen Kontrolle unterliegen. Auch ein Beschwerdemechanismus von Medien, die sich durch die Onlineplattformen benachteiligt sehen, ist einzurichten. Die genannten Plattformen haben jährlich hierüber öffentlich zu berichten. Die Kommission kann weitere Festlegungen in Leitlinien treffen.

Eine andere Perspektive wählt Art. 20 mit dem Recht auf individuelle Anpassungen von Standardeinstellungen in Geräten und „Benutzerschnittstellen“. Mediennutzer sollen Benutzeroberflächen, die den Zugang zu Medien ermöglichen, nach ihren Vorlieben einstellen können.
 

Ausblick

Erst in seiner praktischen Anwendung wird sich zeigen, ob die intendierten Ziele des EMFA wie die Sicherung der redaktionellen Unabhängigkeit mit dieser Verordnung effektiv erreicht werden können. Weiter zu prüfen ist insbesondere das Verhältnis des EMFA zum Digital Services Act, der Onlineplattformen reguliert und vom EMFA „unberührt“ bleiben soll, sowie das Verhältnis zur AVMD-Richtlinie – etwa mit Blick auf Regelungen zur Auffindbarkeit von Inhalten in Benutzeroberflächen. Trotz dieser offenen Punkte ist zu begrüßen, dass mit dem EMFA die Eigenheiten des Medienmarktes anerkannt werden, die über wettbewerbsrechtliche Aspekte hinausgehen und gesondert adressiert werden. Im Gesetzgebungsprozess konnten Verbesserungen erreicht werden, so etwa die größere Unabhängigkeit des Boards gegenüber der Kommission.

Dr. Stephan Ory ist Rechtsanwalt, Honorarprofessor für Rundfunkrecht und Urheberrecht an der Universität des Saarlandes und Direktor des Instituts für Europäisches Medienrecht (EMR) in Saarbrücken.

Sven Braun, M. Sc. ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Europäisches Medienrecht (EMR).