„Es gibt eine Inflation des ausgedrückten Gefühls.“

Eva Maria Lütticke im Gespräch mit Fabian Hemmert

Dr.-Ing. Fabian Hemmert ist Professor für Interface- und User-Experience-Design an der Bergischen Universität Wuppertal. Neben seiner Lehrtätigkeit ist er als Speaker auf unterschiedlichsten Bühnen unterwegs. Seine Themen: digitale Ethik, die Beziehung zwischen Mensch und Maschine und wie aus einer Idee schließlich Realität werden kann. mediendiskurs sprach mit ihm über die Zielsetzung von Interface- und Designentscheidungen, über das Suchtpotenzial von Social-Media-Plattformen und über technologische Zukunftsvisionen.

Printausgabe mediendiskurs: 28. Jg., 1/2024 (Ausgabe 107), S. 53-59

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Was sind aktuelle Design- und Interface-Themen, mit denen Sie sich beschäftigen?

Verantwortung ist ein großes Thema – natürlich nicht nur im Interface-Design, sondern im Design allgemein. Wenn wir uns umschauen, dann stellen wir schnell fest: Im Alltag sind wir praktisch immer von Design umgeben. Wir sprechen hier von „Design“ im Sinne einer Idee im Kopf eines Menschen, die Realität geworden ist. Dies verdeutlicht, dass es nicht nur um abgespacte Stile geht, sondern um die Gestaltung unseres alltäglichen Lebens. Diese Verantwortung, die wir als Designer*innen tragen, ist enorm – aber gleichzeitig bietet sie uns eine großartige Chance. Wir können unseren Alltag so gestalten, dass er für die Menschen angenehm und lebenswert ist.
 

Moderne Technologien wie das Internet und die verschiedenen Plattformen sind ein fester Bestandteil unseres Alltags. Wir nutzen sie, ohne uns oft über ihr Design Gedanken zu machen oder es zu hinterfragen. Bei einem Stuhl würden wir wahrscheinlich sofort bemerken, wenn er unbequem ist. Müssen wir lernen, kritischer gegenüber Technologien zu sein?

Ich unterrichte aktuell das erste Semester und da beobachte ich, dass viele Studierende das zunehmend im Blick haben. Wir hatten Unterricht via Zoom und eine Studentin meinte, sie habe sich darüber gefreut, eine Stunde länger schlafen zu können. Sie hat dann aber zugegeben, dass sie stattdessen nur eine Stunde auf TikTok war. Das ist natürlich der erste Schritt. Zu merken: „Aha, ich mache etwas, was ich eigentlich gar nicht wollte.“
 

Es ist aber ein Unterschied, ob ich eine App als userfreundlich empfinde und gerne Zeit dort verbringe oder ob ich noch einen Schritt weitergehe und mich frage: Ist es denn auch gut für mich?

Ja, diese Frage steht im Raum. Natürlich machen Menschen auch Dinge, die schlecht für sie sind. Man muss nur einmal im Supermarkt schauen – dort gibt es jede Menge Süßigkeiten, Zigaretten und Alkohol, obwohl sie nicht gut für uns sind.
 

Wie heißt der Studiengang, den Sie unterrichten?

Unser Bachelor-Studiengang heißt „Industrial Design“, unser Master-Studiengang heißt „Strategische Produkt- und Innovationsentwicklung“.
 

Inwiefern sind ethische Überlegungen in den Studiengang eingebunden?

Wir arbeiten an verschiedenen Forschungsprojekten. „Virtual Reality im Seniorenheim“ ist gerade ein Thema im BMBF-geförderten Forschungsprojekt „ZEIT“. Können wir Menschen, die nur noch in ihrem Sessel sitzen, Erlebnisse von früher wiederbringen, z. B. durch die Reaktivierung früherer Hobbys? Eine Studierende hat hier beispielsweise ein Produkt entworfen, bei dem man sich in einem Chor positioniert, bestimmt, wo man selbst steht und wo die Angehörigen stehen würden. Dann setzt man die VR-Brille auf und singt – gemeinsam. Natürlich stehen wir dabei stets im Dialog mit der Ethikkommission der Bergischen Universität Wuppertal. So dürfen an unserer Studie beispielsweise keine Personen mit kognitiven Einschränkungen teilnehmen – denn hier wäre ja unklar: Wissen sie, dass es sich um eine Simulation handelt? Unser Ziel ist es, dass die Menschen nach diesem immersiven Erlebnis die Brille abnehmen und dann wieder offener für Gespräche sind, weil mehr passiert ist.
 

Was ist das Ziel eines guten Designs? Gibt es bestimmte Parameter, die erfüllt sein müssen?

Je nach Perspektive existieren unterschiedliche Ziele. Ich behaupte mal, niemand braucht ein Auto, das 250 km/h fährt, aber trotzdem werden solche Autos gestaltet. Niemand braucht Produkte, die uns dumm, hässlich oder krank machen. Und trotzdem werden sie gestaltet. Diese Interessen stammen von Menschen, die etwas verkaufen wollen. Auf der anderen Seite stehen die Nutzer*inneninteressen, die vielleicht Spaß oder Vergnügen suchen oder sich vermeintliches Glück kaufen wollen. Hier liegt ein Unterschied vor, klar. Grundsätzlich ist das Ziel von Design, Probleme zu lösen und Potenziale zu realisieren. Wir sehen Probleme im Alltag als Potenziale für Verbesserung.
 

Welche Verantwortlichkeiten ergeben sich daraus, insbesondere natürlich für die Programmierer*innen und die Unternehmen, die so etwas zur Verfügung stellen?

Eine riesige Verantwortung, der viele Firmen überhaupt nicht gerecht werden. Ich möchte hier Jaron Lanier zitieren. Er ist ein Kritiker der Silicon-Valley-Szene und hat in den 1980er-Jahren den Begriff „Virtual Reality“ erfunden. Er ist der Ansicht, dass es absolut nicht nachvollziehbar ist, wenn der effektivste und unkomplizierteste Weg für uns, mit unseren Liebsten zu interagieren, über Dritte verläuft, die lediglich durch die Manipulation von Meinungen Geld verdienen können. Denn das ist natürlich bei Social Media der Fall, sie verkaufen kein physisches Produkt. Das einzige Produkt, das sie verkaufen, ist, dass sie die Meinung der Menschen ändern, nämlich durch Werbung.
 

Es ist unsere Aufmerksamkeit, die zur Ware wird.

Ja, sie ist die knappste Ressource, die wir haben. Aufmerksamkeit ist das, wovon wir nur begrenzt viel haben, was alle von uns haben wollen, was wir von allen haben wollen. Und das funktioniert besonders gut über das limbische System, über unsere Emotionen. Wenn ich Fotos von Ihren Freunden habe und sie Ihnen zum passenden Zeitpunkt unter die Nase halte, dann werden Sie sich diese wohl angucken. Und wenn ich zwischen diesen Fotos auch noch Werbung platziere, werden Sie sich auch diese ansehen.
 

Bleiben wir bei den sozialen Medien. Welche Strategien haben die Plattformen, um die Nutzer*innen möglichst lange dort zu halten?

Man erstellt eine Art digitalen Zwilling der Person. Dieser digitale Zwilling ist vor allem ein Abbild des emotionalen Zustandes. Wie geht es der Person gerade? Wenn jemand gerade traurig ist, kann ich der Person vielleicht ein Produkt anbieten, das sie vermeintlich glücklich macht.

Das läuft immer über das Belohnungssystem. Wenn man Menschen in ein MRT-Gerät schiebt und schaut, was im Gehirn passiert, wenn sie einen endlosen Social-Media-Feed durchscrollen, dann sieht man, dass die gleichen Areale aktiviert werden wie bei Spielsüchtigen, kurz bevor der einarmige Bandit einrastet. Das ist etwas, wo unser Hirn uns sehr effektiv sagt: Mach bitte weiter, es könnte gleich etwas ziemlich Gutes passieren …
 

Und natürlich auch die Bestätigung, die man erlangen kann: durch Likes, durch Follower*innen.

Das gelingt natürlich schnell. In der Bedürfnispyramide gibt es unten Essen und andere Grundbedürfnisse wie Schlafen und darüber die sozialen Bedürfnisse. Wenn ich mein Essen fotografiere und das großartige Hotelzimmer, den tollen Ausblick, dann habe ich nicht nur eine Bedürfnisebene erfüllt, sondern ich habe gleich noch eine zweite Ebene befriedigt: die soziale Anerkennung.
 

Wie definieren Sie Sucht bezogen auf Techniknutzung und soziale Medien?

Da fällt mir die Doktorarbeit von Andreas Bell ein1, der nicht eine Skala von „nicht süchtig“ bis „süchtig“ vorschlägt, sondern ein X-Y-Koordinatensystem: von „unabhängig“ und bis „abhängig“ sowie von „krank“ bis „gesund“: Es gibt Dinge, die uns krank machen, von denen wir aber nicht abhängig sind. Auch gibt es Dinge, von denen wir abhängig sind, Sauerstoff zum Beispiel, ohne dass wir diese Abhängigkeit als krankhaft bewerten würden. Und es gibt natürlich Dinge, die uns gegen unseren Willen und gegen unsere gesellschaftlichen Werte so beeinflussen, dass wir sie als krank empfinden. Ich bin neulich im Schulbus mitgefahren: Hier flossen gigabyteweise Videos durch den Bus, es war mucksmäuschenstill. Ich hatte in dem Moment schon das Gefühl, dass das ungesund ist.
 

Sehen Sie da einen Paradigmenwechsel zwischen den Generationen?

Vielleicht gibt es keinen Paradigmenwechsel, denn die Grundbedürfnisse ändern sich ja nicht. Ein Thema, das wir schon bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen sehen, ist die mediale Erschöpfung. Es gibt viele Studien, die zeigen, dass Depressionen bei Jugendlichen auch mit Themen wie Instagram zusammenhängen. Sie fühlen sich schlechter, wenn sie soziale Medien nutzen. Warum ist das so? Man konsumiert ausschließlich den „Showroom Lifestyle“ der anderen, die Schokoladenseite, und vergleicht sich mit dieser, während man selbst nur auf sein Handy starrt. Das ist kein fairer Vergleich und führt dazu, dass sich die Menschen schlecht fühlen.
 

Dazu kommt noch die Informationsflut im Allgemeinen. Irgendwann ist man nicht mehr aufnahmefähig für Informationen und deren Verarbeitung. Gibt es Strategien, um sein Verhalten besser zu regulieren, gerade auch für junge Heranwachsende?

Die beste Strategie ist, zu merken, dass es mir nicht guttut, und sich die Frage zu stellen, was ich machen kann, um nicht immer wieder in die Falle zu tappen. Eine Idee kann sein, dafür zu sorgen, dass es ein bisschen komplizierter wird, auf das Smartphone zuzugreifen. In meinen Seminaren ist das ein großes Thema, denn die Gefahr, sich bei schwierigen Problemen – und an denen arbeiten wir ja am liebsten – kurz mit dem Handy abzulenken, ist groß. Daher lagern wir die Handys auf der Fensterbank, sodass es ein bewussterer Schritt ist, wenn ich das Handy nutzen will.
 


Wie ordnen Sie Apps ein, die helfen sollen, bewusster mit Social Media umzugehen? Es gibt z. B. eine App, in der man eine maximale Zeit festlegen kann, die man online verbringen möchte. Oder eine App, die, sobald man Social Media öffnet, das Öffnen um zwei, drei Sekunden verzögert mit der Aufforderung: „Einmal durchatmen“.

Das ist ein sehr guter Ansatz: Bewusstsein fördern. Warum nicht? Ich selbst habe den Browser auf meinem Handy deaktiviert. Ich habe keine E-Mails auf dem Handy, da kann ich gar nicht konsumieren. Ich habe einen Newsreader, aber der zeigt mir jeden Artikel nur einmal an und auch nur die, die ich abonniert habe. Manchmal ist das natürlich nervig. Wenn ich etwa zu spät zu einem Termin komme und noch einmal die entsprechende Telefonnummer heraussuchen will, dann muss ich über die Kindersicherungseinstellungen meinen Browser reaktivieren, die PIN eintippen. Das ist kompliziert. Und das ist gut so.
 

Gibt es Unterschiede zwischen den einzelnen Plattformen, was deren Suchtpotenzial anbelangt? Nehmen wir TikTok und Instagram.

Man kann es vielleicht so sagen: Alles, was sich unendlich weit scrollen lässt, ist erst einmal darauf angelegt, süchtig zu machen. Die Anbieter wollen hier ja gar nicht, dass ich aufhöre. Auch ist klar: Alles, wofür ich nicht bezahle, muss irgendwie anders finanziert werden. Und bei Daten- und aufmerksamkeitsintensiven Apps bieten sich da vermutlich einige Wege.

Die Mechanismen sind durchaus unterschiedlich. TikTok funktioniert noch mehr über diese Kurzfristigkeit, über Bewegtbild vor allem und etwas weniger über soziale Beziehungen. Instagram funktioniert dagegen mehr über soziale Beziehungen. Hier sehen wir zumeist Personen, die wir kennen, plus solche, die sich unsere Aufmerksamkeit erkaufen. Aber in beiden Fällen arbeite ich als Nutzer eigentlich für die Plattform und bin eher der oder die Benutzte. Die Kunden der App sind diejenigen, die Werbung schalten.
 

Kann man überhaupt von den Techfirmen verlangen, dass sie ihr Design neutraler gestalten? Gibt es eine Funktion, die eine Entschärfung ermöglichen würde?

Wie wäre es mit einem definierten Ende, damit ich nicht endlos weiterscrolle? Oder mit etwas weniger Zeitdruck? Warum verschwinden Storys nach 24 Stunden? Damit ich täglich reinschaue, um nichts zu verpassen. Das ist nicht aus Nutzerfreundlichkeit so, sondern um uns eine Gewohnheit anzutrainieren.
 

Stellen Sie sich da nicht die Frage, inwiefern eine Regulierung notwendig ist? Oder eine Art Ethikkommission, die gerade bei Produkten, die unseren Alltag so beeinflussen können, die Designentscheidungen begleitet?

Ja, aber wie? Man hat auch schon versucht, Alkohol zu verbieten. Teilweise machen wir das ja mit Alterseinschränkungen. Aber ich glaube, wer TikTok oder Instagram nutzen will, der tut es auch. Nur weil es verboten ist, heißt das nicht, dass es keiner macht.

Ein anderes Thema sind natürlich Inhaltsangaben. Bei Lebensmitteln z. B. machen wir das sehr gut. Vielleicht kann man das vergleichen: Die Historie, wie wir unsere Nahrung konsumieren, ist in etwa parallel zu der Historie unseres Informationskonsums. Früher war es sehr schwierig, an Nahrung zu kommen. Wir waren Jäger und Sammler. Das änderte sich mit der Agrarkultur, der Industrialisierung und schließlich in den 1980er-Jahren mit dem Fast-Food-Zeitalter. Heute sind wir sehr gut darin, bewusste Fragen über das Essen zu stellen: Wo kommt das eigentlich her? Was ist da drin? Wenn ich das jetzt esse, was macht das eigentlich mit mir? Wir müssen sogar die Zutaten angeben. Da haben wir Fortschritte gemacht. Wir sind nicht mehr im Fast-Food-Zeitalter.

Beim Informationskonsum ist die Historie sehr ähnlich. Bevor es das geschriebene Wort gab, war es schwierig, an Informationen zu kommen, wir waren quasi Jäger und Sammler der Information. Und auch das wurde industrialisiert: Druckerpresse, Telefon, Fax und heute das Internet. Ich glaube, wir sind im Hinblick auf die Information noch nicht aus dem Fast-Food-Zeitalter heraus – um im Vergleich zu bleiben.

Es fühlt sich oft an wie eine endlose Kette von Informations-Chicken-Nuggets, die wir konsumieren können. Und der Effekt ist derselbe: Es sieht auf den ersten Blick lecker aus, aber wenn man hineinbeißt, schmeckt es gar nicht so gut. Und vor allem macht es nicht lange satt – und schnell ist die Hand wieder in der Hosentasche und das Handy wird herausgeholt. Vielleicht können wir vom Nahrungskonsum lernen. Da bin ich optimistisch. Da haben wir es geschafft, aber nicht, weil die Lebensmittelindustrie das so toll gemacht hat, sondern weil wir Menschen das so gewollt haben.
 

Ich glaube, das Bewusstsein dafür setzt langsam ein. Wir befinden uns vielleicht noch im Fast-Food-Informationszeitalter, aber es ist spürbar, dass viele Menschen ihren Konsum kritischer betrachten und sich damit intensiver auseinandersetzen.

Ja, und KI wird das sogar beschleunigen. Corona hat es auch schon beschleunigt. Viele Menschen haben gemerkt: „Nur digital“ reicht nicht. Menschen wollen sich gerne live treffen. Das ist doch super, dass wir das durch die Coronazeit gelernt haben. Und möglicherweise wird KI es beschleunigen im Sinne von: Okay, ich kann dem gar nicht mehr so richtig trauen. Ich möchte wirkliche Menschen live erleben und nicht nur gefakte Bilder sehen.
 

Wie können wir als Gesellschaft ein gesundes Verhältnis zwischen Technik und Mensch fördern? Sehen Sie da Möglichkeiten?

Wir können uns das natürlich ausmalen: Bei dem Projekt „aicracy“ haben sich die Studierenden überlegt, wie es wäre, wenn wir unsere Regierung, unsere Gerichte alle durch Computer ersetzen würden. Heraus kam eine sehr düstere Vision: „Willkommen in der Zukunft. Menschen können egoistisch sein, unsere Systeme können das nicht.“ In diesem Projekt tragen alle Menschen Fitnessarmbänder, die ihren sozialen Score anzeigen. Zusätzlich gibt es einen Happiness-Patch, der kontinuierlich Mini-Dopamin-Shots abgibt, um das Glückslevel zu steigern. Einen Bürostuhl, der bei Unproduktivität zusammenklappt. Und schließlich einen Einkaufskorb mit individualisierten Preisen, abhängig vom Verhalten der Person.
 

Es gibt schon viele Dinge, die sehr nah an dieser Vision sind, insbesondere die Überwachungsmöglichkeiten.

Ja, in einigen Staaten ist das schon gar nicht mehr so unrealistisch. Ich stelle mir gern die Frage: Wie kann uns Technik helfen, anderen Menschen näherzukommen und nicht zwischen uns zu stehen? Gerade WhatsApp ist oft wie ein Schutzschild. Ich muss meine echten Emotionen nicht zeigen. Es gibt aber gleichzeitig eine Inflation des ausgedrückten Gefühls. Der Smiley, der Tränen lacht, wird andauernd benutzt. Aber wie selten sitzen wir am Handy und weinen wirklich (!) vor Lachen? Das passiert ja gar nicht.

Durch so einen Schutzschild kommt einfach nicht viel durch. Es gibt z. B. auch eine App, mit der man automatisch seinen Freunden zum Geburtstag gratulieren kann. Welches Geburtstagskind freut sich darüber? Automatisierung verleitet uns dazu, Dinge abzugeben. Ich muss nicht mehr selbst denken, ich muss auch nicht mehr an die Geburtstage meiner Freunde denken. Und das, finde ich, ist ein schönes Beispiel für eine falsche Entwicklung. Denn ich möchte, wenn ich Geburtstag habe, keinen automatischen Gruß bekommen, sondern bitte menschlichen Kontakt.
 

Anmerkung:

1) Bell, A.: Philosophie der Sucht. Medizinethische Leitlinien für den Umgang mit Abhängigkeitskranken. Wiesbaden 2015

 

Dr.-Ing. Fabian Hemmert ist Professor für Interface- und User Experience-Design an der Bergischen Universität Wuppertal.

Eva Lütticke studierte Medienwissenschaften (M.A.) an der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF. Zurzeit arbeitet sie als Redakteurin bei der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF).