Panorama 4/2020

Vollständiger Beitrag als:

 

Bewertungskriterien zu Selbstgefährdung und Suizid

Jugendschutz.net veröffentlicht fortlaufend Beiträge dazu, wie die Thematisierung selbstgefährdenden Verhaltens auf Jugendliche wirkt und wie diese Internetangebote entsprechend zu bewerten sind. Von einer einfachen Jugendgefährdung ist der Schriftenreihe „Bewertungskriterien Selbstgefährdung“ zufolge auszugehen, wenn Inhalte „selbstgefährdendes Verhalten verharmlosen, indem sie generell ein negatives Bild vom Wert der eigenen Gesundheit, der körperlichen Unversehrtheit oder des eigenen Lebens präsentieren.“ In Abgrenzung dazu setzt eine offensichtlich schwere Jugendgefährdung voraus, dass ein Nachahmungsanreiz vorliegt oder selbstgefährdendes Verhalten verherrlicht wird, wobei dies offensichtlich – also auf den ersten Blick – zu erkennen sein muss.

Die „Bewertungskriterien Selbstgefährdung“ sind abrufbar unter: http://www.jugendschutz.net
 



Digital Services Act

Mit Blick auf das geplante europäische Gesetzespaket für digitale Dienste (Digital Services Act), das derzeit in Brüssel ausgearbeitet wird, plädierte Prof. Dr. Mark Cole, Rechtswissenschaftler und Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Europäisches Medienrecht (EMR), dafür, nicht zu detaillierte Festlegungen für einzelne Bereiche zu treffen, sondern Regelungen zu entwerfen, die über eine spezifische neue Technologie hinaus gültig sein könnten. Cole äußerte dies bei der Onlineveranstaltung „Zeit zum Denken – Denkansätze für eine neue EU-Medienpolitik“, die das EMR am 10. September 2020 zusammen mit den Bundesländern ausrichtete.

Quelle.

ps: Cole: Nicht zu viele Details im Digital Services Act regeln. Europäische Privatsender fordern faire Wettbewerbsbedingungen. In: epd medien, 38/2020, 18.09.2020
 



Knapp die Hälfte der Menschheit lebt ohne Internet

In der Coronakrise hat das Netz weiter an Bedeutung gewonnen, hierzulande scheint es beinahe unvorstellbar, die Krise ohne Internet zu überstehen. Auch wichtige Gesundheitsinformationen werden in erster Linie online übermittelt. Den Schätzungen der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) zufolge konnten 2019 jedoch immer noch mehr als 3,5 Mrd. Menschen weltweit kein Internet nutzen. Gründe dafür sind das Fehlen der technischen Voraussetzungen und die Tatsache, dass internetfähige Geräte zu teuer sind. Mobiles Internet kann eine Lösung sein – es ist für 90 % der Menschen technisch verfügbar –, oftmals sind aber die zum Einstieg ins Netz benötigten Geräte unerschwinglich, da sie in armen Ländern teils mehr als 20 % des durchschnittlichen Monatseinkommens kosten.
Dennoch ist die Internetnutzung weltweit in den vergangenen zehn Jahren rasant angestiegen: von rund 1,8 Mrd. auf etwa 4,1 Mrd. Internetnutzer im Jahr 2019. Außerdem nutzen immer mehr Menschen weltweit Smartphones.

Quelle:

Boden, C.: Globale Internetnutzung. Die halbe Welt ist noch offline. In: Der Spiegel, 02.09.2020. Abrufbar unter: https://www.spiegel.de
 



„Simuliertes Glücksspiel“ in die Bewertungskriterien der USK aufgenommen

Die für die Alterseinstufung von Computerspielen zuständige Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) hat laut einer Pressemitteilung vom 13. August 2020 Glücksspiel-Elemente nun ausdrücklich in ihre Leitkriterien hinsichtlich der Alterseinstufung von Computer- und Videospielen aufgenommen. Echtes Glücksspiel, bei dem man Geld gewinnen oder auch verlieren kann, ist für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren verboten. In Computerspielen bzw. Onlinegames wie der App Coin Master tauchen jedoch Glücksspiel-Elemente auf, die – so die Befürchtung – gewissermaßen spielerisch an Glücksspiele heranführen. Die Wirkungsvermutung besagt, dass glücksspielartige Spielmechaniken eventuell „zu einer Gewöhnung an bzw. Verharmlosung von Glücksspiel führen können, indem sie eine positive Einstellung gegenüber Glücksspielen fördern, zur Desensibilisierung gegenüber Spielverlusten beitragen oder unrealistische Gewinnerwartungen hervorrufen“ (so die USK in ihrer Pressemitteilung vom 13. August 2020). Wesentlich für die Bewertung ist, wie zentral das Thema „Glücksspiel“ im Gesamteindruck wirkt und ob es an kindaffine Settings angebunden ist. Die USK setzt zusätzlich zu ihren Prüfausschüssen das algorithmenbasierte Bewertungssystem IARC (International Age Rating Coalition) ein. Mit IARC wurde Coin Master ab 16 Jahren freigegeben. Die umstrittenen Lootboxen (Beuteboxen) hingegen, die man durch In-Game-Käufe erwerben kann, ohne vorher zu wissen, welche zufallsgenerierten Spielvorteile sie enthalten, sind von den neuen Bewertungsmaßstäben zu simulierten Glücksspiel-Elementen in Games ausdrücklich ausgenommen. Begründet wird dies damit, dass es sich bei ihnen nicht um inhaltsbezogene Komponenten handle und sie daher aus rechtlichen Gründen nicht in die Altersfreigabe einfließen dürften. IARC trägt interaktionsbezogenen Aspekten durch Zusatzinformationen und Deskriptoren Rechnung.

Quelle:

USK: USK erweitert ihre Leitkriterien. Pressemitteilung, 13.08.2020. Abrufbar unter: https://usk.de
 



Alltäglicher Sexismus in der Gaming-Szene

Die Diskussion um Sexismus in Games und unter Spielern ist nicht neu. Einen vorläufigen Höhepunkt bildete 2012 die Hasskampagne gegen Anita Sarkeesian, die zu stereotypen Frauenfiguren in Games forscht und publiziert. Sie wurde von Spielern massiv, teilweise mit dem Tode bedroht. Aktuell flammt die Debatte wieder auf: Auf Twitter äußerten sich zahlreiche Spieleentwicklerinnen und Spielerinnen zu sexueller Belästigung und der Normalität sexistischer Einschüchterung in der Szene. Die weltweit größte Streamingplattform für Videospiele, Twitch, kündigte an, ab sofort konsequenter gegen sexuelle Gewalt vorgehen zu wollen. Bereits 2016 hatte eine Studie der Indiana University Bloomington gezeigt, dass Streamerinnen auf Twitch regelmäßig Zielscheibe objektivierender Kommentare werden, während es in den Kommentaren zu Streamern eher um das Spiel selbst geht.

Quellen:

Kreienbrink, M.: Missbrauch in der Games-Industrie. „Viele wollen Sexismus in der Branche nicht sehen. In: Der Spiegel, 04.07.2020. Abrufbar unter: https:// www.spiegel.de
Mühl, M.: Frauen in Computerspielen. Barbies mit Superbusen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.06.2012. Abrufbar unter: https://www.faz.net
Twitch: An Update to Our Community. In: Twitch, 24.06.2020. Abrufbar unter: https://blog.twitch.tv/en/2020/06/24/an-update-to-our-community

Die Studie Gendered Conversation in a Social Game-Streaming Platform ist abrufbar unter: https://arxiv.org