Medien in der Demokratie. Einführung ins Titelthema

Joachim von Gottberg

Prof. Joachim von Gottberg ist Geschäftsführer der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) und tv-diskurs-Chefredakteur.

Warum und mit welchen Schwerpunkten wird das Thema „Medien in der Demokratie“ in tv diskurs behandelt?

Printausgabe tv diskurs: 21. Jg., 2/2017 (Ausgabe 80), S. 18-19

Vollständiger Beitrag als:

Massenmedien, die frei sind, denen die Rezipienten vertrauen und die eine hohe Glaubwürdigkeit besitzen, sind im Idealfall ein Kernstück der Demokratie. Sie sollen über unterschiedlichste Meinungen berichten, gleichzeitig sachliche, nach journalistischen Kriterien überprüfte Informationen über alle relevanten Vorgänge in der eigenen Gesellschaft und der übrigen Welt verbreiten und den pluralistischen Diskurs ermöglichen. Bei den klassischen Massenmedien – vor allem dem Fernsehen, dem Radio und den Zeitungen – hat sich in der Bundesrepublik eine beachtliche Professionalisierung entwickelt, die aber auch dazu beigetragen hat, dass sich die Kommunikationschancen ungleich verteilt haben: Die einen hatten Zugriff auf die Massenmedien und konnten dort kommunizieren, die anderen waren auf die rezipierende Rolle beschränkt.

Erst das Internet gibt so gut wie jedem die Möglichkeit, sich an die Allgemeinheit zu richten. Allerdings wird inzwischen die lang gehegte Hoffnung, dadurch würde die Welt demokratischer und die Menschen könnten – unabhängig von ihrem Aufenthaltsort – fair miteinander kommunizieren, von düsteren Berichten über die Verschwörung von Hackern gegen die Institutionen der Demokratie oder die explosionsartige Vermehrung von Hetztiraden und Rassenhass auf eine harte Probe gestellt. Mark Zuckerberg, der sich monatlich mit einer Botschaft an seine 1,86 Mrd. Facebook-Nutzer wendet, ist immer noch optimistisch. In einer Art Manifest richtet er sich gegen den zunehmenden Trend, sich gegen die Globalisierung abzuschotten. Die Welt sei durch die Verkehrstechnik, aber auch durch die Medien zusammengewachsen. Soziale Netzwerke könnten Menschen ermöglichen, sich gegenseitig zu helfen und zu unterstützen. Zuckerberg wendet sich gegen diejenigen, die in den Medien die Gesellschaften spalten und durch das Aufbauen von sogenannten Echokammern einseitige Meinungsbildung fördern. Der Facebook-Gründer möchte das mit künstlicher Intelligenz bekämpfen: Algorithmen sollen tendenziöse Artikel, die geteilt werden, ohne gelesen worden zu sein, in ihrer Verbreitung reduzieren. Das klingt wie ein Umdenken bei Facebook, wo man lange von Fake News und Filterblasen nichts wissen wollte. Aber soll die Meinungsfreiheit tatsächlich in die Hände von intelligenten Maschinen gelegt werden?

Wie steht es nun mit der Verantwortung der Medien, die heute über so weitreichende Möglichkeiten der vielfältigen Produktion und Rezeption verfügen wie noch nie zuvor in der Geschichte? Bedeutet die Tatsache, dass jeder sich in ihnen produzieren kann, einen unaufhaltsamen Qualitäts- und Glaubwürdigkeitsverlust? Machen gewissenlose Produzenten von gezielten Falschmeldungen oder Hassprediger nur einfach offensichtlich, dass es heimlich immer schon viele gab, die mit der Pluralität und Offenheit unserer Gesellschaft nicht zurechtkommen? Oder schaffen sie damit eine sich ausbreitende Haltung gegen die Grundwerte unserer Gesellschaft?