Juristische Urteile/Beschlüsse 99

Redaktion Recht

Printausgabe tv diskurs: 26. Jg., 1/2022 (Ausgabe 99), S. 95-95

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Die Diskussion, ob es mehr lizenzfreie Inhalte im öffentlich-rechtlichen Rundfunk geben sollte, gibt es schon länger. Jüngst wurde die Debatte durch die Verbreitung u.a. einzelner Passagen der sogenannten Elefantenrunde am Wahlabend durch den Privatsender BILD TV neu entfacht. Bei der Übertragung wurden teilweise sogar die Logos von ARD und ZDF überblendet. Die Öffentlich-Rechtlichen klagten gegen diese Vorgehensweise, da eine entsprechende Erlaubnis zur Nachnutzung nicht vorgelegen habe (dazu später mehr). Aber auch durch die nur eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit von öffentlich-rechtlichen Angeboten zu Lehr- und Unterrichtszwecken in Pandemiezeiten wurden die Rufe nach lizenzfreien Angeboten lauter. Bereits seit mehreren Jahren setzt sich beispielsweise der Wikimedia e.V. für mehr Creative-Commons-Lizenzen (CC-Lizenzen) bei Angeboten der Öffentlich-Rechtlichen ein.

Ein wesentliches Argument der Kritiker an der derzeitigen Situation: Beiträge, die durch öffentliche Gelder finanziert würden, sollten der Öffentlichkeit auch permanent zur Verfügung stehen.

Und die Forderungen scheinen Früchte zu tragen. Erste Inhalte von ZDF (Terra X) und ARD (Tagesschau) stehen unter einer CC-Lizenz zur Verfügung; wobei die Videos der Tagesschau mit einer besonders strengen Lizenz versehen sind, die u.a. Bearbeitungen untersagt (CC BY-NC-ND). Erste Schritte – jedoch bleibt die Situation in mancher Hinsicht kompliziert, beispielsweise dann, wenn es darum geht, älteres Material nachträglich mit CC-Lizenzen zu versehen.

Quelle:

El-Auwad, M.: „Bild TV“ übernimmt Inhalte von ARD und ZDF ohne Zustimmung – Debatte um CC-Lizenzen im öffentlichen Rundfunk. In: iRIGHTS info, 29.09.2021. Abrufbar unter: https://irights.info (letzter Zugriff: 15.12.2021)
 

Mittlerweile sind die jeweiligen Urteile gefällt worden:

Rechtsstreit ARD versus BILD TV:
Das Landgericht Berlin differenzierte – die Übernahme der Wahlprognosen und der ersten Hochrechnung stellt einen Verstoß gegen die Leistungsschutzrechte der Öffentlich-Rechtlichen dar. Als zulässige Bild-Übernahme wertete das Gericht hingegen die Verbreitung eines Interviews mit Paul Ziemiak, CDU-Generalsekretär. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Axel Springer hat bereits die Prüfung von Rechtsmitteln angekündigt.

Rechtsstreit ZDF versus BILD TV:
Das Kölner Landgericht erließ eine einstweilige Verfügung gegen den Sender – dieser darf einzelne Inhalte demnach nicht mehr online verbreiten. Auch die Kölner Kammer unterschied zwischen den übernommenen Inhalten. Als unzulässig wertete sie die Aneignung eines 13-minütigen Ausschnitts aus der „Berliner Runde“ aufgrund der unverhältnismäßigen Länge der übernommenen Sequenz. Hingegen sah sie die Übernahme eines kürzeren Interviewabschnitts durch die „Schrankenregelung zur Berichterstattung über Tagesereignisse“ gerechtfertigt. Auch hier hat BILD TV die Prüfung rechtlicher Schritte angekündigt.

Quellen:

Zeit Online/dpa/gra: Nutzung von ARD-Wahlhochrechnung bei Bild-TV rechtswidrig. In: zeit.de, 09.12.2021. Abrufbar unter: https://www.zeit.de (letzter Zugriff: 15.12.2021)

faz.net/epd: Ohne Genehmigung gesendet. ZDF erwirkt einstweilige Verfügung gegen Bild TV. In: faz.net, 12.11.2021. Abrufbar unter: https://www.faz.net (letzter Zugriff: 15.12.2021)